"Paketdienst"

Am Sonnabend, dem 26.September, zischelte die kleine Schmalspurlok pünktlich um 13.23 Uhr mit ihrem Pack- und den drei Personenwagen aus dem Bahnhof Meißen Triebischtal in Richtung Lommatzsch.

Zwei Minuten später, in Meißen Jaspisstraße, gab es schon den ersten planmäßigen Halt.
Doch dieser Aufenthalt dau­erte diesmal etwas länger, denn einer von jenen Reisenden, die dem Zugpersonal der Kleinbahnen durch ihre Treue bestens bekannt sind, hatte in der Warte­halle Meißen Tr. ein Paket liegen­ gelassen. Sein Wehklagen brauchte nicht einmal das Fauchen der Lok zu übertönen; es reichte auch piano, um die Herzen des Zugper­sonals zu erweichen.

Und unserem vergeßlichen Stammkunden klang es sicher wieSphärengesang im Ohr, als ihm einer zuraunte:„Eile wie Matuschewki nach Triebischtal, nimm dein Paket und dann zurück wie der Sturmwind. Wir werden auf Dich warten."

Der Kampf des betagten Reisenden gegen die Uhr währte 13 Minuten, ehe sich der P 1805 wieder in Bewegung setzen konnte.

Erleichtert ließ sich der Fahrgast auf der Sitzbank nieder und fuhr mit Zug und Paket 13.38 Uhr von dannen.

(Sven Geißler, Simselwitz IN: Sachsenkurier: Wochenblatt der Döbelner Allgemeinen. 1929)