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Teil 3

Doch wir fahren weiter, überqueren zwei Straßenüberführungen und berühren den Zweiggleisanschluß der Ziegelei Kluge. In einer 1,2 km langen Gerade erlebt unsere Bahn nun ihre größte Steigung. Im Verhältnis von 1:60 kämpft sich der Zug nach oben. Welch Mühe erst im Winter, wenn Eis und Schnee die Schienen im „Schacht“ bedecken. Im Februar 1942 war das Bähn'l gleich mehrere Tage eingeschneit und mußte mühsam freigeschaufelt werden.

Nach einer Linkskurve wirkt die Straßenüberführung für den Bahnhof Kiebitz wie ein Eingangstor. Das im starken Gefälle liegende, aus vier Gleisen bestehende Bahnhofsterrain forderte von den Eisenbahnern stets besondere Umsicht. Vor allem abgestellte Wagen mußten besonders gesichert werden.

Kiebitz war auch der Ausgangspunkt des einst größten Schmalspurunglückes im Mügelner Eisenbahnnetz. Im Bericht vom 18.November des Jahres 1919 steht zu lesen:

„Der Personenzug 5750 war eben in Töllschütz eingetroffem, als der mit ihm planmäßig dort kreuzende Güterzug 10 889, der infolge des Schneetreibens und eines Versagens der vereisten Bremsen nicht wie vorgesehen an der Einfahrweiche zum Halten gebracht werden konnte, auf den Personenzug auffuhr. Dadurch ist der Personenzug rückwärts auf die Gefällestrecke gelangt und, weil das Zugpersonal vor dem Zusammenprall abgesprungen war, führerlos hinabgerollt. Infolge der erreichten großen Geschwindigkeit ist der Zug in der Schrebitzer Krümmung aus den Gleisen gesprungen und eine Straßenbrücke hinabgestürzt, wobei die 28 Tonnen schwere Lok als letzte die Holzklassen der Fahrgäste zertrümmerte.“ Fünf Tote wurden aus den Trümmern geborgen.

Noch einige Meter Fahrtstrecke und wir haben die Steigung geschafft. Zwischen Kiebitz und Tronitz liegt die Wasserscheide Elbe/Mulde. Abseits des westlich gelegenen Ortes die fünfte Haltestelle – Zaschwitz. Wenn am Wartehäuschen keiner steht und auch keiner den Zug verläßt, gibt es zwischen Packwagen und Lokführer ein Zeichen und durch geht's.